Neues wagen?!

Eigentlich würd ich ja gern modern, kollegial & agil arbeiten, aber dann…

  • bricht alles zusammen
  • herrscht ja nur noch Chaos
  • geht alles vor die Hunde
  • funktionieren die Prozesse alle nicht mehr
  • macht die obere Leitungsriege nicht mit
  • bekämen wir rechtliche Schwierigkeiten…

 

Kreuze an, mehrfache Antworten sind möglich….

 

Bei uns in der Organisation geht das nicht, weil…

Wer ungeduldig an der Unzulänglichkeit der eigenen Organisation leidet, möchte oft alles ändern. Und zwar gleich. Gestern am besten! Warum geht das nur nicht? Wäre doch besser für alle!?

Gewachsene und stabile Strukturen regeln Abläufe. Wo es zu viel davon gibt, verhindert die Regulation aber auch kreative, neue Ideen. Wer nicht gerade in einem Start Up arbeitet, kennt das wohl. Innovationstod durch Überregulation. Alles umkrempeln wollen ist dann vielleicht ein verständlicher Impuls, aber auch der sicherste Weg, sich schnell zu frustrieren. Mit Fug und Recht darf man dann drei Monate nach dem Start der Bemühung sagen „Die Welt ist noch nicht reif für agiles Arbeiten!“

Rom wurde nicht an einem Tag erbaut – es wird nicht an einem Tag umgestaltet

Wenn du es klüger anstellen möchtest, sei realistisch. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut!  Und einen hierarchisch gestrickte Siloorganisation mit gewachsenen Strukturen und undurchsichtiger Vernetzung zurückzubauen um stattdessen ein lebendiges, kreatives organismengleiches Organisationswesen wachsen zu lassen – das dürfte eine Weile länger dauern. Und es kann dennoch schon mitten im Alten starten.

Also ja: Großes träumen und denken und dann kleine, realistische Schritte gehen und nicht alles auf einmal abreißen und umstrukturieren.. Das war ja schon öfter hier im Blog Thema. Heute möchte ich mit Dir einen Blick werfen auf die Möglichkeit, eine zentrale Schaltstelle doch anzupassen – auch wenn Du in einer Linienorganisation arbeitest und nicht an der Spitze der Pyramide stehst…

Wagnis kollegiale Führung

Kollegiale Führung ist das Herzstück des New Work Mindsets und damit eigentlich so ziemlich das Gegenteil von Hierarchie. Und gerade deswegen ist es auch sinnvoll, niederschwellig Elemente daraus auch bei Dir vor Ort einzuführen.

Damit das funktioniert, ist es wichtig, einige Schritte zu beachten.

A) Rahmen absichern

Sichere Dein Vorhaben nach oben hin ab. Kläre mit der Ebene über dir, welche Freigaben dein Team in Zukunft erhalten soll. Welche Entscheidungen dürfen vom Team getroffen werden? Welche sollen womöglich in Deiner Hand als Leitung bleiben? Gibt es Vetorechte oder Beratungspflichten? Und wenn ja, bei welchen Themen? Am besten haltet ihr die Ergebnisse in einer Delegationsmatrix fest um später transparent kommunizieren zu können.

B) Kickoff erstnehmen

Das Kick off – immer gern gesehen, weil man es wie ein schönes kleines Event zelebrieren kann und auch soll – schließlich markiert es eine neue Ära der Zusammenarbeit. In diesem Meeting wird gezeigt, wie kollegiale Führung Zusammenarbeit kann und wie man sich die Zusammenarbeit vorstellt. Wollt ihr mit agilen Framesets wie scrum oder OKR arbeiten, ist hier Gelegenheit, diese einzuführen. Außerdem zentral: die Frage nach den Leitungsfunktionen – welche braucht ihr im Team? Bewährt haben sich Rollen wie Moderator:in, Prozessleitung, Dokumentator:in, vielleicht auch ein:e Ökonom:in? Was braucht ihr in eurem Kontext?

C) Kommunikation als Dreh- und Angelpunkt verstehen

Damit verbunden ist auch die Klärung der Meetingstruktur. Im agilen Arbeiten haben sich vier verschiedene Aspekte bewährt, die in unterschiedlichen Treffen jeweils im Fokus stehen sollen.

    1. Planungs- und Entscheidungsmeetings erörtern Themen inhaltlich, priorisieren und treffen größere und kleinere Entscheidungen.
    2. Dailys dienen der täglichen kurzen Abstimmung zwischen den einzelnen Teammitgliedern. Hier ist Platz um sich kurz auf den Stand zu bringen, wie weit die einzelnen Personen mit ihren Aufgaben- und Arbeitspakten sind, wo Schwierigkeiten auftreten, interessante Kontakte oder Fragen auftreten.
    3. Reviews sind der Ort, an welchem auf das Produkt gesamt geschaut wird. Passt die Richtung noch? Gibt es in der Zwischenzeit relevante Änderungen im Umfeld? Wie soll die weitere Umsetzung vorangehen? Welche Formate sollen ausprobiert werden?
    4. In der Retrospektive hingegen steht das Miteinander im Mittelpunkt. Wie klappt es mit der kollegialen Leitung? Was lief bisher schon gut? Wo ist noch Luft nach oben? Wofür möchte ich dem Team oder einer Einzelperson danken? Überprüft hier auch regelmäßig eure Standards – denn so paradox es klingt: Je klarer die Regeln und Leitlinien der Zusammenarbeit formuliert sind, umso größer ist der individuelle Gestaltungsspielraum. Einfach, weil wir nicht ständig mit Antzipieren beschäftigt sind oder damit, immer wieder aufs Neue eine Einzelfallregelung zu entwerfen. Über den Daumen gepeilt kannst Du sogar davon ausgehen, dass alles, was nicht geregelt ist, letztlich auf der alten Folie der (hierarchischen) Führungserfahrung informell sich von alleine regelt – nicht unbedingt zum besten…

 

Wenn ihr diese Aspekte in Kommunikation und Teamkultur gut umsetzt, dann wirst Du schon bald eine Verbesserung bemerken. Im Idealfall entsteht ein vertrauensvolleres, transparentes Miteinander. Und das mitten in den traditionellen Strukturen. Ein bisschen wie Weihnachten – eine neue Welt mitten in der Alten. Merry Team-Christmas also euch allen!

 

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