Teammeeting, Dienstag 11.18 Uhr
Der Kollege sucht im Netz nach neuen Sneakers und die Kollegin versteckt sich hinter einem schwarzen Bildschirm. Die Leitung prescht durch die Tagesordnung und ich kaue genervt an meinem Tablet Pencil. In Zeiten von Corona wollen wir mal nicht so pingelig sein, oder? Immerhin dürfen wir virtuell weiter in unserem Team zusammenarbeiten. Der Job ist gesichert, die Aufgaben bewältigbar, der Kaffee im Homeoffice schmeckt eh besser. Also: wollen wir mal nicht so sein!! Außerdem, wann genau wäre denn der richtige Zeitpunkt, um zu sagen, dass es mich letztens wirklich gestört hat, dass ich zu Punkt X nichts mehr sagen konnte, weil die Zeit schon so weit fortgeschritten war. Dass es mich nervt, wenn der fünfte Mensch mal wieder ohne Kamera vorm PC sitzt und vermutlich heimlich im Hintergrund des Meetings …
Ach lassen wir das
Ich denke, die meisten von uns kennen genug Anlässe, in welchen wir Dinge, die uns stören, nicht einfach ansprechen – auch schon vor Zoommeetings und Corona. Das ist nicht unbedingt falsch – ein gewisser Grad an Impulskontrolle und Rücksichtnahme ist von erwachsenen Menschen ja auch nicht zu viel verlangt. Konfrontative Zeitgenossen sind eh keine guten Teamplayer, nicht wahr? Aber im realen Live-Team-Kontakt kommt dann selbst für mich irgendwann der Moment, in welchem ich mir diskret Feedback einhole. Wie geht es den anderen so mit dem Thema? Bin ich die einzige, die das so sieht? Die einzige, die das stört?
Wann kann ich es ansprechen?
Natürlich mache ich das „bei Gelegenheit“ und sicher nicht vor versammelter Mannschaft unter Top „Sonstiges“ sondern diskret, in der Kaffeepause, wenn ich eh gerade im Nachbarbüro bin um mir Büroklammern zu borgen, etc. Tja und jetzt? ….machen wir Teamarbeit virtuell…
Die virtuelle Kommunikation nimmt uns die erprobten Kanäle des informellen Feedbacks, der zwischenmenschlichen Ausbalancierung und lässt uns mit unserem Ärger auf kleiner Flamme vor sich hinköcheln. Seit Beginn des Jahres. Ich würde sagen, das reicht, um wirklich gar zu werden. Studien bestätigen, dass das Stress- und Konflikterleben in virtuellen Teams deutlich ansteigt, je länger und je „virtueller“ die Zusammenarbeit ist. Also, je weniger wir in Präsenztreffen die Möglichkeiten zu informeller Kommunikation haben. Das wirkt sich wirklich negativ auf die Motivation aus. Und damit auf das Engagement und die Leistung.
In welchem Job der Welt ist sinkendes Engagement und Minderleistung wünschenswert?
Also: Schaffen Sie beizeiten (also jetzt) Abhilfe. Seien Sie kreativ und erfinden Sie neue Kanäle und Möglichkeiten – oder entdecken Sie alte neu. Hauptsache, sie helfen durch z.B. Förderung des informellen Austauschs oder durch Klärung der Konflikte in einer frühen Phase. Schaffen Sie Raum dafür – sei es in kleinen Präsenztreffen – wo möglich, in informellen Zweiergesprächen (Warum nicht mal wieder telefonieren?) oder auch in gezielt angelegten, metakommunikativen Runden. Nur bitte, nicht weiter auf niedriger Flamme köcheln lassen. Wie haben Sie die virtuelle Krux gelöst? Schreiben Sie es gerne in den Kommentaren…
Mehr Ideen von uns demnächst hier im Blog oder in unserem Online-Kurs „Virtuelle Teams – leiten & begleiten“