Endlich souverän leiten!

Endlich souverän leiten!

 

Gerade wenn’s um unser Zusammenleben und -arbeiten mit Menschen geht, ist es uns oft recht wichtig, souverän zu wirken. Das war schon in der Grundschule so. Was habe ich geschwitzt bei meinem ersten Referat zum Lebensraum der Ringelnatter! Jetzt nur ruhig bleiben und nichts verwechseln – keine Blöße zeigen! Ok, das ist jetzt doch eine Weile her, aber… Wo es früher die Mitschüler*innen oder Lehrer*innen waren, deren beurteilende Blicke Maßstab sind, werden es dann im Erwachsenenalter die Kolleg*innen und Vorgesetzten. Die Mechanismen, mit denen wir der potenziellen Gefahr der Nichtakzeptanz begegnen, bleiben aber doch irgendwie die gleichen. Wir versuchen souverän (lat. Überlegen) zu wirken, indem wir Wissen sammeln, lesen, lernen und verdammt gut in unserem Job sind. Keine unerwartete Rückfrage soll uns verunsichern.

Schön cool bleiben

Beim Ringelnatterreferat hat das noch ganz gut funktioniert. In den komplexen Zusammenhängen unseres Berufslebens heute sieht das manchmal anders aus. Besonders, wenn wir Leitung übernehmen, steigt der gefühlte soziale Druck immens an. Man muss „sich beweisen“. Die Leitungsfunktion muss ja irgendwie auch „verdient“ werden. Um diesem Bild zu entsprechen geben wir immer mehr: Einsatz, Commitment, Wissen, Energie. Das geht oft lange gut, bis die ersten Fragen auftauchen, denen selbst erfahrene Führungskräfte unwissend gegenüberstehen … oder halt eine Pandemie… Dann steht die Welt Kopf. Unsere bisherigen Bewältigungsstrategien brechen weg, weil es einfach nicht mehr leistbar ist, auf alle Fragen die richtige Antwort zu haben, weil die Situation zu komplex und unberechenbar wird, weil wir nicht in jeder Situation locker, gefasst und positiv bleiben können, weil wir eben auch Menschen sind und bleiben.

Und dann sollten wir uns fragen, wie es um unsere Souveränität wirklich steht

Viele würden Souveränität auch frei mit „Selbstsicherheit“ oder „Selbstbewusstsein“ übersetzen. Wenn Souveränität aber mit Selbstsicherheit zu tun hat, dann vielleicht auch damit, sich seiner Selbst sicher zu sein. Aber was ist dieses Selbst? Ich behaupte mal: Wir sind nicht nur unser Wissen und antrainierte Kompetenzen – wir sind Menschen mit Stärken aber auch Menschen mit Hoffnungen, Wünschen, Sehnsüchten, Menschen, die immer wieder vor neuen Situationen stehen und manchmal falsche Entscheidungen treffen, Menschen, mit Intuition, die sich nicht kognitiv belegen lässt, Menschen voller guter Eigenschaften und auch angefüllt mit einigen, die wir selbst manchmal gar nicht wahrhaben wollen. Menschen mit individuellen Geschichten, wunden Punkten, mit Träumen, Werten und Zweifeln. Das alles und noch viel mehr macht unser Selbst aus.

Wer Souveränität als fehlerloses, cooles Expertendasein versteht und versucht, diesem Ideal möglichst nahe zu kommen, wird manchmal auch selbst ganz cool – und damit hart, starr und unflexibel – erst zu sich und dann auch zu anderen.

Viele Führungskräfte verlieren gerade erst durch das Bemühen, „ihrer Rolle gerecht zu werden“ den Rückhalt in ihren Teams

Sie erlauben sich selbst keine Fehler, deswegen übernehmen ihre Teammitglieder die Regel: „Fehler gibt es nicht!“. Sie trauen sich nicht mehr, um Hilfe zu fragen und aus kleinen Fehlern erwachsen größere. Diese werden dann – sachlich korrekt und gnadenlos – weggelächelt und unter den Teppich gekehrt, Fried-Höflichkeit hält Einzug….Und das alles nur, weil wir nicht zugeben wollten, dass wir die Ringelnatter mit der Kreuzotter verwechselt haben.

Wir brauchen also eine neue Souveränität – eine, die neben der Fachkompetenz auch die menschliche Kompetenz betont.

Souveränität 2.0 sozusagen

Lesen Sie nächste Woche an dieser Stelle, wie Sie diese vertiefte Souveränität einüben können und was Spiritualität damit zu tun hat.

 

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